Machtspielchen

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Die Quelle meiner Wut: Die Machtspielchen

Zum Glück muss ich gerade nicht sprechen, sondern kann diesen Text schreiben, denn meine Stimme ist gerade etwas angeschlagen. Ich habe nämlich wieder meine altbewährte Methode angewandt um meiner Wut Luft zu machen: Ins Kissen schreien.
Interessanter Weise hört keiner etwas von meinem Löwengebrüll wenn ich mein Gesicht tief ins Kissen drücke und zwei Decken über mich lege. Nicht umsonst halten Gangster ein Kissen vor ihren Lauf wenn sie jemanden möglichst geräuschlos ermorden wollen. Nun, im Gegensatz dazu hilft mir diese Technik eben keinem Menschen im Rausch meiner Emotionen das Leben zu nehmen...

Soviel aber erst mal dazu. Eigentlich will ich ja über die Quelle meiner Wut sprechen: Die Machtspielchen.

Ich beschäftige mich nun schon einige Zeit mit Beziehungen. Seien es nun Liebesbeziehungen oder „einfach nur“ zwischenmenschliche Beziehungen. Besonders interessant ist dabei für mich das Beziehungsmuster zwischen Mann und Frau. Je mehr ich mich mit meiner eigenen Weiblichkeit beschäftige, um so mehr erkenne ich ein festgefahrenes und gesellschaftlich gefördertes Rollenverhalten zwischen den Geschlechtern.

Nun kommt es, dass ich im Zuge meiner Rückbesinnung auf die Urweiblichkeit keine Lust mehr habe, diese Rollenspiele weiterzuführen.

 

Der erste Schritt in mein neues Leben war die Scheidung

Der erste Schritt in mein neues Leben war – ganz klassisch – die Scheidung. Welche Institution fördert die Rollenverteilung eindrücklicher als die Ehe? Jedoch um dies zu erkennen, musste ich ja erst einmal heiraten. Für mich war es daher kein Fehler, den Schritt in die Ehe getan zu haben, sondern ein ganz wichtiger Teil meines Prozesses.

Trotz der Trennung auf dem Papier habe ich mich aber deswegen noch lange nicht von den tief sitzenden Glaubenssätzen befreit, die jede Mann-Frau-Beziehung begleiten. Denn da war etwas sehr wichtiges was ich eines Tages nach einem Streit mit meinem Ex-Mann erfahren habe: Die Schwierigkeiten, und daraus folgenden Auseinandersetzungen, die wir hatten - das waren nicht unsere Eigenen! Diese ermüdenden, immer wiederkehrenden Streitereien führten schon unsere Ahnen! Wir haben diese Muster von unseren Eltern und Großeltern übernommen und geben sie auch wieder an die nachfolgenden Generationen weiter. Nun ja, natürlich nur solange wir uns dessen nicht bewusst sind.

Der Held und die Prinzessin

Ein entscheidender Aspekt einer klassischen Beziehung ist das Machtgefüge. „Der Mann hat die Hosen an“. Das ist nur eines von vielen Sprichwörtern und gleichsam Glaubenssätzen unserer Gesellschaft. Weiter haben wir da zum Beispiel den „Pantoffelheld“ und den „Weiberheld“. Trotz völlig gegensätzlicher Bedeutungen behält der Mann weiterhin die Eigenschaft, der zu bewundernde Held zu sein.

Dann gibt es noch die Person, von der viele kleinen Mädchen träumen: die Prinzessin. Ganz wunderbar veranschaulicht wurde sie von den Gebrüdern Grimm in den Märchen von Rapunzel und Schneewittchen. Okay, die Grimm-Brüder haben die Märchen natürlich nicht erfunden, sie haben nur niedergeschrieben, was unsere Großmütter uns Generationen über Generationen am Kaminfeuer oder am Bettrand erzählten. Und jeder weiß ja mittlerweile, dass man sich das am Besten merkt, was man kurz vor dem Einschlafen lernt. Aber das nur am Rande erwähnt...

Was hat es nun mit der Prinzessin auf sich? Kürzlich habe ich einen Spruch bei Facebook gelesen, der ging so:

I am a princess not because I have a prince, but because my father is a king

Aha. Die Prinzessin bekommt ihren Status also von einem Mann, scheinbar unwichtig dabei ist jedoch welcher Mann. Es kann also sowohl ein gleichaltriger als auch ein älterer, sowohl ein Fremder als auch ein Familienmitglied sein. Also einfach jeder.

Die Prinzessin sitzt also in der Regel in ihrem Turm oder liegt friedlich schlummernd in einem Glassarg und wartet auf den Prinz, der sie wieder zum Leben erweckt.

Zusammengefasst komme ich zu folgendem Muster: Der Mann ist der Handelnde und die Frau die Wartende.

  • Die Hausfrau wartet mit dem Essen auf den Mann, der von der Arbeit kommt.
  • Die Geliebte wartet darauf, dass der Mann seine Frau verlässt.
  • Die Freundin wartet auf den Anruf des Freundes.
  • Der Sex orientiert sich an dem Orgasmus des Mannes.
  • Die Verlobte wartet auf den Heiratsantrag.
  • Die Schwangere erwartet sein Kind.

Das Leben der Frau setzt sich zusammen aus Momenten des Wartens. Das Leben des Mannes setzt sich zusammen aus Momenten des Leistung erbringen.

Und dies ist ein wunderbarer Nährboden für Machtspiele.

 

Macht der Erziehung

Wir alle wissen (oder ahnen zumindest) schon lange, dass das was wir Liebe nennen doch im Grunde nur Egospielchen sind. Eine Liebesbeziehung hat in erster Linie die Funktion das eigene Ego zu nähren. Verhält sich der Partner nicht so, wie man (oder frau) es erwartet, wird er abgestraft. Macht er etwas zu unserer Befriedigung, wird er belohnt. Es wäre ja auch ein Wunder, würden wir uns nach einer Er-Ziehung in der Kindheit irgendwie anders verhalten können.

Daraus ergibt sich ein ständiges Kräftemessen. Die Waffe der Frau ist es, dem Mann das Gefühl zu geben, nicht zu genügen. Die Waffe des Mannes ist es hingegen, die Frau warten zu lassen. Da unser Ego ja darauf aus ist, der Rolle, die einem die Gesellschaft zugeschrieben hat, zu entsprechen, sind dies ausgezeichnete Trigger.

Die Frau fordert mehr Leistung: „Mach das mehr, besser, schneller.... Gib mir mehr, öfter....“ oder zeigt Schwäche: „Kannst du das für mich machen? Das ist zu schwer für mich!“

Der Mann fordert mehr Wartezeit: „Ich komme heute später... Ich mach das morgen.“ oder lässt die Frau durch Vergessen ins Leere laufen: „Ich kann mich an unser Gespräch nicht mehr erinnern.“

Im Laufe der Beziehung wird dieses Verhalten immer ausgeprägter: Die Frau wird immer unzufriedener, der Mann zieht sich immer mehr zurück.

 

Die Wut zeigt mir, ich muss handeln

Das war erst einmal der Ist-Zustand. Wie lässt sich diese Situation nun aber auflösen? Natürlich kann ich nur für mich als Frau sprechen und bin dabei auch auf meine subjektive Sichtweise beschränkt. Aber für mich ist die Wut der erste Schritt. Wut ist in unserer Kultur ja eher etwas, was sich Männer leisten dürfen. Frauen sollten lieber weinen, das passt eher in ihre Rolle.

Die Wut zeigt mir, ich muss handeln. Ich will diesen Zustand nicht mehr länger hinnehmen. Ich trete aus der mir auferlegten Rolle heraus und nehme mir, was ich brauche um vollständig zu sein.

Als erstes ist es also die Wut, die ich mir zurücknehme. Mit Hilfe der Wut stehe ich auf und vertrete laut und deutlich meine Position. Ich gebe weder meinen Namen noch meine Stimme an einen Mann ab. Ich kann für mich sprechen und ich kann für mich handeln.

Früher wollte ich, dass meine Bedürfnisse von einem Mann befriedigt werden. Aber was sind eigentlich meine Bedürfnisse? Und damit meine ich wirklich MEINE Bedürfnisse. Sind meine Bedürfnisse genügend Geld, ein Eigenheim, ein Kind etc. zu haben? Wünsche ich mir rote Rosen zum Valentinstag und ein romantisches Dinner? Wünsche ich mir, dass mein Partner mir meine Wünsche von den Augen abliest, ohne dass ich sie selber überhaupt benennen kann?

Ich habe mir diese Fragen gestellt und ja, ich wünsche mir ein Zuhause und Nähe und finanzielle Sicherheit. Aber ist das etwas was ein Mann mir erfüllen muss? Können wir Frauen, die wir doch ähnliche Bedürfnisse haben, uns nicht einfacher diesbezüglich gegenseitig unterstützen? Ich schlage vor, dass wir aufhören, von den Männern unerfüllbares zu fordern und stattdessen selber ins Handeln kommen.

Eine Frau mit Koffer blickt in die Ferne
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Ich denke es gibt viele kleine Schritte, die ich gehen kann, um in die Unabhängigkeit zu kommen und den Männern damit auch wieder ihre Souveränität zu zugestehen. Ich brauche keine Hierarchie, die mich zu einer Prinzessin macht.

 

Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf und schaue jedem Mann in die Augen.

Denn diese Welt kann ich mitgestalten.

Ich muss auf keinen Mann warten, der mein Leben rettet.

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Daniela
Webdesignerin, Reisebegleitung & Kräuterpädagogin
aka Wortmagierin, Grenzgängerin und Pflanzenliebhaberin.

"Ich wünsche mir eine friedvolle Welt, in der wir die Reichtümer von Mutter Erde miteinander teilen und die Einzigartigkeit jedes Menschen wertschätzen können.
Eine Welt, in der wir unsere Talente voll ausschöpfen können und sie als Teil einer Gemeinschaft für gemeinsame Ziele einsetzen.
Darum habe ich Sisters United ins Leben gerufen. Ich hoffe, dass sich hiervon viele Frauen angesprochen fühlen und mit mir gemeinsam aktiv werden."

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